Unser Leben mit Milly
Milly Mobil
Manche Hilfsmittel müssen wir uns selber beschaffen, da die Krankenkasse z. B. für Reisen und Urlaube schwerbehinderter Menschen nicht zuständig ist. Leistungen der Eingliederungshilfe über das Sozialamt können und wollen wir soweit wie möglich nicht in Anspruch nehmen. Für Millys und unsere soziale und kulturelle Teilhabe selber zu zahlen, ist für uns in Ordnung. Einen nicht unerheblichen Teil dieser selbstangeschafften Hilfsmittel, konnten wir zum Glück von Spenden auf Millys Hilfsmittelkonto finanzieren. Wir haben uns zu Beginn des Jahres 2019 entschieden, dieses Konto nur noch privat zu nutzen und uns ganz auf die Spendeneinwerbung für die BPAN-Forschung zu konzentrieren.
Was an zusätzlichen Kosten auf Eltern mehrfach schwerbehinderter Kinder zukommen kann, ist natürlich individuell ganz verschieden. Ich möchte hier die wichtigsten Anschaffungen auflisten, die wir benötigten:
Der Kofferraum unseres Citroen Grand Picasso war z. B. so voll, dass wir den TFK-Buggy Joggster Twist auf Parkplätzen nicht mehr herausbekamen. Milly konnte im TFK auch nicht gut essen. So kauften wir einen gebrauchten MacLaren Major Elite Buggy. Es ist ein klappbarer Reha-Buggy, der für körperbehinderte Kinder konzipiert wurde, die in handelsübliche Buggys nicht mehr gesetzt werden können. Der Buggy ist stabiler, sehr wendig, man kann ihn leicht und platzsparend zusammenfalten und er ist bis 50 kg belastbar. Seit Milly ihren Rolli hat, wird er nur noch im Kindergarten genutzt. Mit Zubehör kostete er uns an die 500€
Seit Juni 2017 haben wir den Multiroller, einen Reha-Jogger, den man auch als Fahrradanhänger nutzen kann. Er ist Nachfolger unseres TFK Joggster Twist, für den Milly einfach zu groß wurde. In handelsübliche Fahrradanhänger hat sie schon lange nicht mehr reingepasst, da sie die Beine nicht anwinkeln kann. Diese Kombi-Möglichkeit ist toll und Milly hat großen Spaß darin. Der Multiroller ist sehr geländetauglich, man kommt über Stock und Stein mit ihm. Leider verweigerte die Krankenkasse die Finanzierung mit der Begründung, Milly sei mit Swifty und Rolli überversorgt. Ihre Behinderung sei bereits ausgeglichen. Davon mal abgesehen, dass eine Behinderung durch nichts ausgeglichen sein kann und Milly mehrere zu berücksichtigende Behinderungen hat, trifft das auch aus anderen Gründen nicht zu. Sie ziehen sich ja auch verschiedenes Schuhwerk an, je nach Wetterlage und wo sie langlaufen werden. Daher benötigen Kinder wie Milly auch verschiedene fahrbare Untersätze. Selbst im Umkreis von 30 min um ihren Wohnort, den ein gesunder Mensch zu Fuß zurücklegen kann, werden sie nicht immer zwei Paar Schuhe tragen, oder? Aber so sieht es der Gesetzgeber (wenngleich viele Sozialgerichte vor allem Kindern und Jugendlichen trotz Doppelversorgung einen Reha-Jogger zusprechen). Wir wollten aber nicht vor Gericht, Milly sollte schon in diesem Jahr Spaß im neuen Jogger und mit dem Fahrrad haben. Wir kauften das Hilfsmittel selber, Kostenpunkt: 3840€. Die BILD-Stiftung „Ein Herz für Kinder“ hatte ein Herz für Milly und spendete 1500€ für den Multiroller. An dieser Stelle möchten wir uns bei der Stiftung nochmals ganz herzlich für diese großzügige Unterstützung bedanken!
Seit September 2017 freuen wir uns über ein neues Pedelec für ausgedehnte Fahrten mit dem Multiroller als Fahrradanhänger. Inklusive Milly war auf Radtouren ein Gewicht von ca. 35-40 kg mit dem Fahrrad zu ziehen. Im bergigen Heidelberg waren selbst relativ einfache Strecken eine schweißtreibende Angelegenheit. Lange konnten unsere Ausfahrten daher nicht dauern. Wir überlegten uns ein E-Bike zu besorgen und hatten die Möglichkeit, ein sehr günstiges und gutes Pedelec zu kaufen. Stritten wir uns vorher, wer mit Milly im Anhänger fahren muss, ist es nun genau umgekehrt. Unser Pedelec ist ganz fantastisch! Mit ihm kann Millys Chauffeur (Mama) problemlos alle Steigungen in und um Heidelberg bewältigen. Milly erschließen sich ganz neue Welten: Geschwindigkeit, Fahrtwind und vor allem die schöne Umgebung Heidelbergs. Während einer Ausfahrt hört man von Milly keinen Mucks. Ganz tiefenentspannt sitzt sie in ihrem Anhänger wie in einem Fernsehsessel. Die Beine übereinandergeschlagen, genießt sie die Szenerie und schlummert irgendwann zufrieden ein. Ein großes Dankeschön geht daher an alle Spender, die uns und Milly diese unvergesslichen Erlebnisse ermöglicht haben!
Trotz Dachbox und komplett vollbeladenem Auto, kamen wir in diesem Jahr platzmäßig an unsere Grenzen. Das auch deswegen, da im Urlaub der Therapiestuhl mit dabei sein sollte. Wir wollen den Urlaub genießen und nicht nach zwei Tagen wegen eines Hexenschusses die Zeit beim Arzt verplempern. Da wir auch hin und wieder Kurztrips mit Milly unternehmen und auch dort viele wichtige Hilfsmittel dabei sein müssen, gab es nun keine Alternative mehr. Wir hatten 2015 schon den Citroen C4 Grand Picasso gekauft, nun musste ein Kleinbus her. Anfang 2017 kauften wir den Peugeot Expert Tepee, gebraucht für 24.000€. Wir hatten hin und her überlegt, da der Kauf unsere Finanzen schon ziemlich belastete. Aber es gab keine andere Möglichkeit, wenn wir weiterhin mit Milly mobil sein wollen. Der Peugeot ist klasse. Er hat acht Sitze in drei Reihen. Nimmt man die dritte Sitzreihe heraus, hat man massig Stauraum. Die Passagiere in der zweiten Sitzreihe haben genug Raum zum Ablegen von Taschen und viel Beinfreiheit. Auch war es wichtig, auf beiden Seiten Schiebetüren zu haben. Der Kindersitz ist auf der Fahrerseite montiert, weil er sonst den Einstieg blockieren würde. Wir haben den Kauf nicht bereut.
Milly schlief bei der Familie immer in einem Kinderreisebett. Aus dem konnten wir sie irgendwann nicht mehr herausheben. Aus einem normalen Bett wäre sie fast schon mal herausgefallen. Aber das Pflegebett können wir nun wirklich nicht mitschleppen. Es fehlte uns aber auch zum Waschen und Wickeln. Die ständige gebückte Haltung war irgendwann auch nicht mehr zumutbar und eine Lösung musste her. Haben wir nur ein Sofa für Milly, dann nutzten wir nun ein großes aufblasbares Bett mit aufblasbarer Matratze. Darin kann Milly auch schön spielen. Wir nennen es Millys „Beiboot“. Nachteil vom „Beiboot“ ist, dass man sie schwer herausbekommt bzw. in den Schlafsack hineinbekommt (Milly schläft nicht mit Decke, das ist aufgrund der Muskelschwäche zu gefährlich). Ein Bett wäre hier wiederum besser. Daher haben wir vor dem Urlaub einen großen Rausfallschutz besorgt, den man auch umklappen kann. Ihn können wir an jedes herkömmliche Bett befestigen und Milly kann nicht rausplumpsen.
Das Wickeln, Waschen, An- und Ausziehen können wir dennoch nicht mehr im Bett durchführen, es geht zu sehr auf den Rücken. Die Lösung war eine mobile Massageliege für 75€. Die Liege ist toll, Milly hat viel Platz darauf. Man fährt Milly mit dem Therapiestuhl heran und kann sie schnell auf die Liege setzen. Nun kann sie in Höhe des Pflegebetts und ohne den Rücken belasten zu müssen, gepflegt werden.
Wir nutzen zusätzlich eine Fixierungshilfe, damit Milly nicht runterfallen kann, wenn sie sich allzu sehr wehrt oder nur rumalbert. Die Fixierungshilfe wurde von der Krankenkasse bewilligt, die Massageliege kauften wir privat.
Was gerade zum Heben z. B. aus einem niedrigen Bett, aber vor allem beim Duschen fehlt, ist unser Lifter. Die nächste selbstfinanzierte Anschaffung sollte daher ein kleiner mobiler Lifter sein. Wir liebäugelten mit dem Viking S von Liko, einen tollen leichtgängigen mobilen Lifter. Leider passt er nicht mehr ins Auto. Ihn zu verschicken wäre auch zu umständlich. Man kann zwar Hilfsmittel, wie ein Pflegebett oder einen mobilen Lifter, bei vielen ortsansässigen Sanitätshäusern ausleihen. Die meisten Vermieter von Ferienunterkünften verweigern jedoch das Aufstellen eines Pflegebettes. Bei den mobilen Leih-Liftern werden von der Krankenkasse nur die Kosten für sperrige Billigprodukte übernommen, die nicht in die kleinen Unterkünften passen und somit nicht genutzt werden können. Theoretisch gibt es also Leistungen zur Entlastung von pflegenden Angehörigen auch während des Urlaubs. Aber praktisch kann die kaum jemand in Anspruch nehmen. Bei einer so enormen Hebe- und Tragebelastung, kann dann von Urlaub kaum noch die Rede sein. Zum Glück sind wir aber im Urlaub oft drei betreuende Personen, die sich den Pflegeaufwand teilen.
Der ulfBo war für knapp 700€ eine Anschaffung, die wir nicht unbedingt bräuchten, die ich aber unbedingt wollte. Es war seit Jahren mein großer Wunsch, mit Milly den Ostseestrand entlang zu schlendern. In den letzten Jahren war es uns nur unter großer Anstrengung möglich, sie zu zweit von den Dünen durch den hohen Sandstrand ans Wasser zu schleppen. Wir waren danach selber erledigt und auch für Milly war es nicht schön. Dieses Jahr wollte ich sie mit einem Bollerwagen den Strand entlang ziehen. Und ja, es musste der ulfBo sein, denn er ist der einzige Bollerwagen, der das salzhaltige Meer und den Sandstrand ab kann. Außerdem ist er stabil, bequem, mit tollem Sonnendach und sehr leicht zu ziehen. Natürlich kostet es auch Kraft, wenn der Sand sehr weich ist. Aber mir ging es nicht darum Milly stundenlang zu ziehen, sondern 20-30 min am Meer entlang zu flanieren, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen, am Strand zu spielen. Milly jedenfalls fand es super und schlief bei dem Geruppel und zum Meeresrauschen gleich ein.
Leider gibt es keine geeigneten Strandrollstühle. Es gibt für Erwachsene riesige Gefährte, mit denen schwerbehinderte Menschen ins Wasser gelassen werden können. Mit denen kann man aber nicht am Strand spazieren gehen. Das fehlt leider und es ist so schade, dass gerade an Stränden nicht für Barrierefreiheit gesorgt wird. Mit großen Matten oder Stegen könnten auch kranke, alte und schwache Menschen den mühsamen Weg ans Wasser besser bewältigen. Eltern mit Buggys würden sich sicher auch darüber freuen oder auch Leute, die einfach nur joggen möchten. Das Möchtegern-Inklusionsland Deutschland ist auch in dieser Hinsicht Servicewüste.
Sie meinen, es geht im Urlaub doch wohl auch mal ohne Hilfsmittel? Ich lade Sie gerne ein, Milly eine Woche mit Hilfsmittel zu pflegen! Danach wissen Sie garantiert, was geht und was nicht.
Die Suche nach einer geeigneten Ferienunterkunft ist aufgrund Millys körperlicher Einschränkungen und dem daraus resultierenden Pflegeaufwand ebenfalls sehr aufwendig. Mittlerweile kommen nur noch barrierefreie, geräumige und gut geschnittene Ferienhäuser bzw. -wohnungen infrage. Wir müssen uns vorher genau überlegen, wo wir untergebracht sind und ob Millys Hilfsmittel in der Ferienunterkunft überhaupt Platz haben. Die Kriterien sind folgende: Im Erdgeschoss der Ferienunterkunft muss sich ein Zimmer für Milly befinden, das Platz für die Massageliege bietet. Natürlich könnte man sie auch z. B. im Wohnzimmer wickeln. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie liegen im Bett, tragen Windeln und die sind voll bis obenhin. Möchten Sie jetzt noch in den Therapiestuhl auf ihren Ausscheidungen gesetzt und transportiert werden? Eben. Und der Therapiestuhl muss danach weiterhin benutzt werden. In Millys Zimmer muss zusätzlich noch Platz für den Therapiestuhl sein und im Erdgeschoss muss der Rolli abgestellt werden können. Für den mobilen Lifter brauchen wir Platz und es muss unbedingt ein barrierefreies Bad im Erdgeschoss vorhanden sein. Darin müssen die Badeliege Platz haben und zwei Personen um Milly duschen zu können. Auch der Lifter muss im Bad Platz finden, damit Milly auf die Liege geliftet werden kann. Nach langer Suche, fanden wir schließlich ein passendes Ferienhaus an der Ostsee, waren begeistert und reservierten es gleich für das nächste Jahr.
Wir lieben den Darß und versuchen, jedes Jahr mindestens eine Woche an der Ostsee zu sein. Wie oben bereits erwähnt, ist das mit einem schwerbehinderten Kind gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Mir fehlten die langen Strandwanderungen, Milly zwei Stunden den Strand entlang zu tragen war nicht möglich. Im letzten Jahr hatte ich die Idee, auch im Urlaub die Verhinderungspflege zu nutzen und eine Kinderbetreuung zu engagieren. Ich nahm Kontakt mit der Lebenshilfe Ostseekreis e.V. in Barth auf und tatsächlich konnte Milly eine Assistentin zur Seite gestellt werden. So lernten wir und Milly unsere Geli kennen, die Milly auch in diesem Jahr halbtags begleitete. Wir können nun guten Gewissens mal die Seele baumeln lassen oder andere Dinge machen, die behinderungsbedingt nicht möglich sind. Milly und Geli sind ein tolles Team. Wir drücken Dich, Geli, an dieser Stelle ganz dolle, sagen danke und freuen uns schon auf das nächste Jahr an der Ostsee.
Millys liebstes und allerwichtigstes Hilfsmittel ist aber Tante Ela. Und das Beste: sie kostet gar nix! Meine Zwillingsschwester hat einen ganz besonderen Draht zu Milly. Sie ist oft bei uns oder wir fahren zu ihr an den Bodensee. Milly ist Tante Elas Liebling. Sie kennt ihren Tagesrhythmus, weiß wann es die Medis gibt, was Milly gerne isst, gibt ihr zu essen, hat bereits den kleinen und den großen Wickelschein in der Tasche und war ganz begeistert von Millys Lifter. Ela kommt auch immer mit in den Jahresurlaub. Sie betreut Milly auf der Fahrt und spielt mit ihr „Kuckuck“, sie fährt mit ihr Rad und zieht sie im ulfBo am Strand entlang. Natürlich singt sie ihr auch vor und knuddelt viel mit ihr. Eine super Tante für Super-Milly.
Heidelberg, Juli 2017
MILLY MOBIL 2018
Seit Februar 2018 ist Milly stolze Besitzerin ihres eigenen Rollfiets, dem OPair von Van Raam. Die Stiftung Kinder unterm Regenbogen ermöglichte uns im Rahmen des 24-Stunden-Spendenmarathons die Anschaffung dieses tollen Hilfsmittels im Wert von knapp 12.000€. Wir möchten die Gelegenheit nutzen, um uns ganz herzlich bei Radio Regenbogen für diese großartige Aktion und bei den Hörern für die hohe Spendenbereitschaft für Milly und viele andere kranke und schwerbehinderte Kinder zu bedanken!
Wahrscheinlich denken Sie jetzt: Da hat das Kind schon so viele Hilfsmittel, geradezu einen ganzen Fuhrpark zur Verfügung und nun muss es auch noch ein Gefährt im Wert eines Kleinwagens sein?!
Wie schwer ganz alltägliche Dinge für Familien mit schwerbehinderten Angehörigen sind, sieht man aber gerade an diesem Hilfsmittel. Für jeden gesunden Menschen ist es problemlos möglich, sich auf ein Fahrrad zu setzen, loszufahren, irgendwo anzuhalten, einzukehren und wieder abzufahren. Für uns leider nicht! Wir hätten zwar zum Radfahren den Multiroller (und das auch nur vorwiegend durch Spendengelder). Ein großer Reha-Buggy ist aber nicht sehr flexibel, z. B. dann, wenn man gerne mit Milly in ein Geschäft oder ins Restaurant möchte. Zudem braucht es zwei Personen, um sie rein- und wieder herauszuheben. Das Rollfiets ist in diesen Punkten viel flexibler, da es teilbar ist und wir Milly mit dem Rollstuhlteil z. B. in ein Lokal befördern können. Sie kann im OPair aufrecht sitzen und an einen Tisch herangeschoben werden. Die Position der Fußstützen im rechten Winkel ermöglicht es uns, Milly kurz hinzustellen und sie dadurch ohne Hilfe einer zweiten Person hineinzusetzen bzw. herauszuheben. Außerdem kann sie das Rollfiets auch noch nutzen, wenn sie wächst bzw. erwachsen ist, was letztlich den Ausschlag zur Anschaffung dieses Spezialrads gab.
Das OPair verfügt über eine Ausstattung, die sich sehen lassen kann: Es hat einen teilbaren Rahmen, unkaputtbare Reifen (wie sollten wir Milly auch transportieren, wenn wir mal liegen bleiben?), eine tolle Lichtanlage, einen Elektro-Motor mit zwei Akkus und die Sitzeinheit wurde im Sonderbau direkt auf Milly angepaßt. Außerdem ist es möglich, mit dem OPair rückwärts zu fahren.
Das Rollfiets überzeugt Milly auf ganzer Linie: Sie gibt keinen Mucks von sich, nur, wenn wir es wagen anzuhalten! Seit dem Frühjahr, sind wir regelmäßig mit dem Rollfiets unterwegs.
Ein großes Dankeschön geht auch an Thimo, dem Vorsitzenden des Rollfiets-Club e.V. Er hat uns mit Rat und Tipps zur Seite gestanden und einen entscheidenden Anteil daran, dass wir uns für das OPair entschieden haben.
Zu Pfingsten 2018 stand unser Jahresurlaub an der Ostsee an und das bedeutete, dass wir bereits Monate vorher lösungs- und problemorientiert planen und privat finanzierte Hilfsmittel erwerben mussten. Zum einen musste die Hebe- und Trageproblematik gelöst werden.
Nach wochenlanger Suche in den Weiten des Internets, fand ich schließlich doch noch einen geeigneten mobilen Lifter: den Molift Smart 150 der Firma Herrmann. Der Smart 150 ist äußerst leichtgängig und ideal für enge Platzverhältnisse geeignet. Dennoch hat er einen sehr großen Hubbbereich von 21,5 cm bis satte 166,5 cm. Somit können wir Milly vom Boden bzw. auf die hohe Massageliege liften. Die Tragkraft des Smart 150 beträgt 150 kg. Der Lifter ist reisetauglich, denn er kann schnell und werkzeugfrei in zwei Teile zusammengeklappt werden und ist somit leicht verstaubar. Ein zusätzliches Schmankerl für alle rückengeschädigten Pflegepersonen: man muss ihn nicht tragen! Der Molift kann wie ein Trolley angehoben und auf seinen Rollen transportiert werden.
Diesen tollen, aber sehr teuren Lifter (der Neupreis liegt bei ca. 4500€, zwei Tragetücher für Wohnung und zum Duschen kosten ca. 1000€) bekamen wir über Ebay neuwertig und gebraucht samt Tragetücher für knapp 2000€ von Millys Tante finanziert. Ein großes Dankeschön dafür an Tante Ela!
In diesem Jahr kamen wir um eine weitere Anschaffung nicht herum: Wir möchten mit Milly gerne auch im Urlaub entspannt Rad fahren, aber das E-Bike passt natürlich nicht mehr ins Auto. Ein E-Bike zu mieten wäre auf Dauer zu teuer und zu umständlich, zumal unsere Fahrradanhängerkupplung auch nicht an jedes Rad angebracht werden kann. Also brauchten wir einen Fahrradträger für den E-Bike-Transport. Für unser Auto kam aber nur ein Heckträger infrage und um diesen montieren zu können, brauchte es wiederum eine Anhängerkupplung. So finanzierten wir die Anhängerkupplung i.H.v. ca 800€ vom Hilfsmittelkonto und mieteten den Heckträger für ca. 100€ auf eigene Kosten. Ein 0815-Heckträger kommt natürlich nicht in Betracht, da wir auf langen Fahrten öfters wegen Milly rasten und dazu den Rolli aus dem Kofferraum holen müssen, d.h. der Heckträger muss zusätzlich klappbar sein. Sollte sich der gemietete Heckträger bewähren, werden wir ihn später privat kaufen. Im Sommer stehen schließlich wieder einige Aufenthalte am Bodensee an.
Unsere Milly ist im letzten Jahr ganz schön gewachsen, sodass der Ulfbo für ihren Transport an den Strand leider nicht mehr geeignet ist. Daher trieb mich erneut die Frage um, wie wir nun wieder die “Kuh” auf´s (!) Eis bekommen sollen, also mit Milly gemeinsam an den Strand können. Ich suchte wirklich ewig und frustriert im Internet nach Alternativen. Als ich schon jede Hoffnung aufgab, fand ich durch Zufall und zu meiner großen Überraschung Klaus Peter aus Kirchen/Sieg. Klaus ist Papa der 11jährigen Elina, die an der Leukodystrophie MLD erkrankt ist. Er gab sich nicht damit zufrieden, dass es seiner kleinen Naturliebhaberin nicht mehr möglich sein sollte über Stock und Stein, durch Sand, Strand und Wiesen unterwegs sein zu können. So tüftelte er selber zu Hause viel herum und gründete mit Elina´s Fahrwerk eine Outdoor-Schmiede, deren Angebotspalette sich sehen lassen kann. Dieser schöne Fernsehbeitrag des SWR zeigt, wie Klaus zum Konstrukteur für seine Tochter Elina wurde.
Unseren vorhandenen MacLaren Major Elite-Faltbuggy hat Klaus ganz schnell zum Strandbuggy umgerüstet. Die Softräder sind schnell an- bzw. abzumontieren, d.h. der Buggy kann für den Transport wieder zusammengeklappt werden. Die Softräder sind außerdem sehr robust und langlebig. Wir hoffen, dass Milly noch das eine oder andere Jahr in den Buggy passt. Falls nicht, können die Räder an einen anderen fahrbaren Untersatz montiert werden. Die Umrüstmöglichkeiten sollten aber rechtzeitig mit Klaus besprochen werden. Im übrigen erfolgt die Umrüstung so, dass kein “Schaden” am Hilfsmittel entsteht, sodass das Hilfsmittel, sollte es sich im Eigentum der Krankenkasse befinden, im Ursprungszustand wieder der Krankenkasse zurückgegeben werden kann. Die Kosten für Umrüstung und Räder betrugen 478€, die wir vom Hilfsmittelkonto bezahlten.
So fuhren wir Ende Mai – mit Zwischenstation bei Millys Oma im Havelland und der Sonne im Gepäck – an die wunderschöne Ostsee nach Zingst. Wir genossen die sonnige Meeresfrische und waren nur auf den Beinen, und zwar am Strand, erstmalig mit Milly! Das dieser Traum mal wahr werden würde: Ich hatte nicht mehr damit gerechnet! Endlich war es uns möglich lange Strandspaziergänge mit ihr zu machen. Und Milly gefiel es super! Sie schaute sich ganz intensiv das Meeresbrausen an oder döste zum Rauschen der Elemente ein. Der Strandbuggy war ein absoluter Hingucker: Kinder drehten sich überrascht oder bewundernd nach Milly um “Boah ey, was für große Räder!” Von Erwachsenen hörten wir Kommentare wie: “Man, das ist ja geil.”, “Ist das abgefahren.”, “Was für ein super Strandbuggy.”, “Der ist ja Weltklasse.”, “Kann man den hier ausleihen?”.
Der Buggy war für uns die bisher beste Möglichkeit an den Strand zu kommen. Im tiefen, trockenen und feinen Ostseesand sowie an den Strandaufgängen hatten wir zwar Probleme. Aber durch Ankippen des Strandbuggys war es uns immer möglich gut vorwärts zu kommen und darauf kam es an. Tausend Dank an Klaus, der uns dieses kleine Stück vom Glück ermöglicht hat!
MILLY MOBIL 2019
Seit Ende letzten Jahres suchten wir auf unzähligen Websites nach geeigneten Ferienunterkünften. Denn in diesem Jahr kam ein weiteres Kriterium bei der Unterkunftssuche hinzu: Wir benötigen mittlerweile auch ein Pflegebett, da es für uns viel zu anstrengend und zu gefährlich für Milly ist, sie in einem normalen Bett zu pflegen. Ich schrieb unzählige Vermittlungsdienste und Vermieter an. Fast alle waren ausgesprochen hilfsbereit und gingen mit Zollstock bewaffnet in die Unterkünfte um Maß zu nehmen.
Es ist eigentlich kein Problem Milly unterzubringen, denn es gibt durchaus Ferienhäuser mit Zimmer und Bad im Erdgeschoss. Aber dort kann man die vorhandenen Betten nicht herausnehmen. Und für ein weiteres Bett sind die Zimmer zu klein. Auch die Bäder sind sehr oft nicht barrierefrei oder die Duschen zu klein für Millys Badeliege.
Schließlich bekamen wir ganz unverhofft den Tipp einer Hauseigentümerin. Sie hatte sich erkundigt und das Ankerherz in Wustrow entdeckt. Es ist ein ganz wunderschönes Anwesen in Strandnähe mit einem sehr großem Zimmer im Erdgeschoss und einem kleinen Bad, das gerade noch für Millys Badeliege Platz bot. Und der Vermieter gestattete das Aufstellen eines Pflegebetts für Milly.
Falls auch Sie Ihren Urlaub mit einem pflegebedürftigen Angehörigen planen sollten: Es gibt Sanitätshäuser, die Pflegebetten und weitere Hilfsmittel wie Rollatoren, Rollstühle, Lifter, Elektroscooter, Duschstühle etc. verleihen. Und das Beste: Es besteht die Möglichkeit einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse!
Bei uns ging alles ganz reibungslos: Wir verständigten das ortsansässige Sanitätshaus Griephan in Barth, das sich mit dem Vermieter in Verbindung setzte. Wir bekamen von Millys behandelnder Ärztin ein Rezept ausgestellt, dass wir beim Sanitätshaus einreichten. Damit beantragte das Sanitätshaus die Übernahme der Kosten für Ausleihe, Auf- und Abbau sowie Matratze i.H.v. 395€ bei der Krankenkasse. Diese genehmigte den kompletten Hilfsmittelantrag innerhalb kurzer Zeit. Das Pflegebett war eine riesige Entlastung für uns und Milly und machte einen erholsamen Urlaub erst möglich.
MILLY MOBIL 2020
Zu Jahresbeginn 2020 schlossen wir das Projekt Autoumbau ab, das uns seit zwei Jahren so einige schlaflose Nächte bereitete. Im Juni 2020 wurde nun unser neuer und mit einer Heckrampe ausgestatteter Kleinbus geliefert. Wir können Milly jetzt im Rollstuhl sitzend mit dem Auto transportieren. Die Heckrampe erspart uns einen enormen Hebe- und Trageaufwand von Milly und Rollstuhl und ist das wohl wichtigste Hilfsmittel in diesem Jahr. Unseren beschwerlichen Weg zum Autoumbau beschreiben wir hier.
Unsere Sommerfrische verbrachten wir 2020 wieder auf dem Darß, diesmal in Zingst. Die Vermieterin unseres Ferienhauses erlaubte uns, ein geliehenes Pflegebett aufzustellen.
Leider passen im neuen Kleinbus nicht mehr alle notwendigen Hilfsmittel, daher mussten wir uns auf die wichtigsten, den Rollstuhl, die Badeliege und den mobiler Lifter, beschränken. Ein neuer fahrbarer Untersatz durfte aber nicht fehlen: Millys Fuhrpark wurde im Juli durch einen zum Strandrolli umgerüsteten Faltrollstuhl, den Adventure, bereichert. Die Fußstützen wurden vom Sonderbau unseres Reha-Fachändlers auf Millys Größe angepasst. Als Sitzschale diente unser Reha-Autositz, in dem Milly entspannt und sicher saß.
Die Kosten für den umgebauten Strandrollstuhl beliefen sich auf knapp 2000€, der Umbau der Fußstützen kostete noch mal knapp 360€. Sie wurden von der Doris-Leibinger-Stiftung und der proWIN Stiftung übernommen. Bei beiden Stiftungen möchten wir uns ganz herzlich für die schnelle und unkomplizierte Unterstützung bedanken!
Aktualisiert am 23.08.2020
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